- in Wechseljahre
Östrogen und Östrogenmangel – Symptome und was du dagegen tun kannst.
Östrogen wird als Sexualhormon oftmals nur mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht. Dabei ist Östrogen an so vielen verschiedenen Prozessen im Körper beteiligt. Selbst Männer bilden Östrogen, wenn auch in weitaus geringeren Mengen. Was also macht Östrogen eigentlich genau und was passiert bei einem Östrogenmangel?
Was ist Östrogen?
Östrogen oder auch Estrogen ist der Überbegriff einer Gruppe von Hormonen, die eine ähnliche Struktur und Wirkung haben und vor allem im weiblichen Körper eine große Rolle spielen. Der wichtigste Vertreter unter den natürlichen Östrogenen ist das Östradiol.
Östrogene werden vom Körper selbst gebildet und erreichen über das Blut ihre Wirkungsorte. Diese Wirkungsorte befinden sich nicht etwa nur an den Geschlechtsmerkmalen, sondern nahezu im ganzen Körper verteilt. Wie ein Schlüssel in sein Schloss passt, bindet das Hormon an seine sogenannten Rezeptoren. So wie der Schlüssel eine Tür öffnet, bewirkt die Bindung des Östrogens an seinen Rezeptor eine bestimmte Reaktion. Der Rezeptor wird sozusagen aktiviert.
Für Östrogen gibt es zwei Rezeptortypen. Die Art der Reaktion hängt vom Rezeptortyp und dem Organ ab, an dem die Rezeptoren sich befinden. Wie stark die Reaktion dann ausfällt, wird wiederum von der Menge des Östrogens im Blut bestimmt. Je mehr Östrogen mit dem Blut durch den Körper transportiert wird, desto mehr Rezeptoren können aktiviert werden und desto stärker fällt die Wirkung aus.
Der Östrogenspiegel ändert sich innerhalb eines Menstruationszyklus und in den verschiedenen Lebensphasen einer Frau erheblich.
Was sind die Funktionen und Wirkungen von Östrogen?
Die Funktionen des Östrogens können in seine Wirkung auf die Geschlechtsorgane und seine Wirkung auf andere Organe unterteilt werden. In so gut wie jeder Zelle des weiblichen und auch des männlichen Körpers befinden sich Rezeptoren für Östrogen. Dementsprechend vielfältig sind die natürlichen Wirkungen von Östrogen und die Nebenwirkungen bei einer medizinischen Behandlung oder hormonellen Verhütung mit Östrogen.
Wirkung des Östrogens auf die weiblichen Geschlechtsorgane
Östrogen hat zusammen mit anderen Faktoren einen Einfluss auf die Geschlechtsentwicklung eines Embryos. In der Pubertät ist Östrogen für die Ausbildung der weiblichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich.
Während des Menstruationszyklus steuert Östrogen im Zusammenspiel mit anderen Hormonen den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut für eine mögliche Einnistung einer befruchteten Eizelle. Gleichzeitig bewirkt Östrogen, dass der Schleim des Gebärmutterhalses dünnflüssiger wird und Spermien für eine mögliche Befruchtung durchlässt. Außerdem wird durch Östrogen das Wachstum der vaginalen Milchsäurebakterien angeregt.
Dadurch wird das Scheidenmilieu saurer und schützt somit besser vor Krankheitserregern. Ebenso erschwert Östrogen das Eindringen von Krankheitserregern über die Harnröhre. Bei niedrigeren Östrogenkonzentrationen im Blut, wie unter anderem in den Wechseljahren, ist die Gefahr von Infektionen der Harnblase, Niere oder Scheide folglich höher.
Wirkung des Östrogens auf andere Organe
Die Wirkung des Östrogens auf die Blutgerinnung ist recht bekannt. Schließlich wird sie in Form einer gefährlichen Thrombose als Nebenwirkung bei der Einnahme künstlicher Östrogene wie der Antibabypille oder im Rahmen der Hormonersatztherapie gefürchtet.
Da der Östrogenspiegel während der Monatsblutung recht niedrig ist, ist auch die Blutgerinnung in dieser Zyklusphase herabgesetzt. Dadurch kann die abgestoßene Gebärmutterschleimhaut leichter mit dem Blut ausgeschwemmt werden, bevor sie wieder erneut aufgebaut wird.
Andererseits haben Östrogene einen positiven Effekt auf die Cholesterinwerte im Blut. Sie fördern das "gute" HDL-Cholesterin und senken gleichzeitig das "schlechte" LDL-Cholesterin. Somit helfen Östrogene dabei, Gefäßverkalkungen zu verhindern.
Viele Frauen entwickeln in oder nach den Wechseljahren eine Osteoporose. Denn Östrogene fördern die Mineralisierung der Knochen. Durch die starke Absenkung des Östrogenspiegels nach der Menopause, nimmt die Knochendichte stärker ab. Es fehlt dann einfach die stimulierende Wirkung des Östrogens auf den Knochenaufbau.
Östrogen hat außerdem einen Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild. So regt Östrogen den Proteinaufbau und den Fettabbau an, wenn das Verhältnis zwischen Östrogen und Testosteron stimmt. Zudem lässt Östrogen die Haut glatter und feiner erscheinen.
Das gelingt durch Östrogen im Wesentlichen auf zwei Wegen. Zum einen fördert Östrogen die Erneuerung der Zellen in der obersten Hautschicht. Zum anderen sorgt Östrogen für eine festere Spannkraft der Haut, indem es den Kollagenaufbau in der mittleren Hautschicht antreibt.
Darüber hinaus haben Östrogene einen wichtigen Einfluss auf das Gehirn und das Immunsystem. Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen Östrogenen und weiteren Organen wie Schilddrüse, Leber oder Lunge. Es ist also schwer, ein Organ zu finden, das nicht vom Östrogenspiegel beeinflusst wird.
Das Zusammenspiel von Östrogen und Progesteron
Progesteron ist das wichtigste Hormon aus der Gruppe der Gestagene. Gestagene sind wie Östrogene Sexualhormone und bei der Frau wesentlich stärker vertreten als beim Mann. Östradiol und Progesteron steuern zusammen den Menstruationszyklus.
Nach der Menstruationsblutung steigt der Östradiolspiegel langsam an, woraufhin der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut beginnt. Kurz vor dem Eisprung nimmt die Östradiolkonzentration noch einmal stark zu und bewirkt indirekt über ein weiteres Hormon den Eisprung. Ab diesem Zeitpunkt wird viel Progesteron gebildet.
Das Progesteron bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor. Kommt es nicht zur Schwangerschaft, sinkt der Progesteronspiegel wieder und die Gebärmutterschleimhaut wird in Form der Monatsblutung abgestoßen. Progesteron hat aber ebenfalls vielfältigere Wirkungen. Beispielsweise regt es den Stoffwechsel an und beeinflusst die Atmung sowie die Körpertemperatur.
Wo werden Östrogen und Progesteron gebildet?
Östrogen und Progesteron werden bei der Frau hauptsächlich in den Eierstöcken und während einer Schwangerschaft im Mutterkuchen gebildet. Während des weiblichen Zyklus wird Östrogen in dem heranreifenden Follikel im Eierstock produziert, aus dem schließlich die reife Eizelle entspringt.
Nach dem Eisprung wird aus dem Follikel der sogenannte Gelbkörper, der Progesteron produziert. In geringeren Mengen werden Östrogen und Progesteron zudem in der Nebennierenrinde der Frau und auch des Mannes gebildet. Beim Mann produzieren die Hoden ebenfalls geringe Mengen Östrogen und Progesteron.
Östrogen, Progesteron und die Wechseljahre
Die Produktion von Östrogen und Progesteron wird während der Wechseljahre stark herabgesetzt. Der Progesteronmangel ist jedoch weniger für die Beschwerden während des Klimakteriums verantwortlich. Häufig bewirkt der Östrogenmangel Symptome wie Hitzewallungen, Depressionen und Osteoporose.
Was passiert bei einem Östrogenmangel?
Ein Östrogenmangel kann unterschiedliche Ursachen haben. Meistens steckt eine beeinträchtigte Funktion der Eierstöcke hinter einem Östrogenmangel. In Form der Wechseljahre ist es im mittleren Alter ein ganz natürlicher Prozess. Tritt ein Östrogenmangel schon in sehr jungen Jahren auf, kann eine Fehlentwicklung der Grund sein.
Es kann auch in Folge einer Krebserkrankung nötig sein, die Eierstöcke operativ zu entfernen. Dann kommt es ebenfalls zu einem frühzeitigen Östrogenmangel. Außerdem können Krankheiten wie eine Gelbkörperschwäche oder eine Nebenniereninsuffizienz zu einem Östrogenmangel führen.
Oftmals wird ein Östrogenmangel von einem Progesteronmangel begleitet. Schließlich werden beide Hormone hauptsächlich in den Eierstöcken und in geringeren Mengen in der Nebennierenrinde gebildet. Funktioniert bei einem Östrogen- und Progesteronmangel der Menstruationszyklus nicht mehr reibungslos, kann eine Unfruchtbarkeit die Folge sein.
Schon eine verminderte Wirkung des Östrogens auf den Schleim des Gebärmutterhalses kann eine Befruchtung erschweren, weil die Spermien diesen womöglich nicht mehr durchdringen können.
Östrogenmangel - Welche Symptome treten auf?
Da Östrogene einen Einfluss auf so gut wie alle Organe haben, können die Auswirkungen eines Östrogenmangels sehr umfangreich sein. Vielen Frauen fällt ein Östrogen- oder auch ein Progesteronmangel erstmals durch Zyklusstörungen auf.
Ganz akut können aber genauso Hitzewallungen, Schlafstörungen und Schweißausbrüche bei einem Östrogenmangel als Symptome auftreten. Scheidentrockenheit ist ebenfalls ein Problem, das durch einen Östrogenmangel entstehen kann. Wenn der Östrogenmangel schon länger andauert, können noch schwerwiegendere Probleme wie Depressionen, Herzrhythmusstörungen und Osteoporose dazukommen.
Manche Frauen leiden auch darunter, dass ihre Haut an Spannkraft verliert. Andere haben eher mit Muskel- und Gelenkschmerzen, Nervosität oder Konzentrationsproblemen zu kämpfen. Zudem gibt es durch einen Östrogenmangel Symptome, die nicht direkt auffallen.
Dazu gehört die mögliche Erhöhung der Cholesterinwerte. Denn die positive Wirkung des Östrogens auf das Verhältnis des "guten" zum "schlechten" Cholesterin fällt weg. Dadurch kann allerdings ein erhöhtes Risiko bestehen, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen.
Wie wird ein Östrogenmangel behandelt?
Bei geringfügigen Beschwerden durch einen Östrogenmangel reicht es im Normalfall aus, die einzelnen Symptome ohne Medikamente zu behandeln. Bei leichten Hitzewallungen hilft es manchmal schon, sich mit Handventilatoren Kühlung zu verschaffen oder bei kühleren Außentemperaturen an die frische Luft zu gehen.
Außerdem können mildere Beschwerden durch regelmäßige Bewegung und Entspannungsübungen gelindert werden. Auch eine gesunde Ernährung ohne Alkohol, Koffein und scharfen Gewürzen kann gegen moderate Beschwerden helfen. Manche Ärzte bieten Hypnosen, Akupunktur oder eine homöopathische Behandlung an.
Bei lokalen Beschwerden wie der Scheidentrockenheit reichen östrogenhaltige Cremes zur Behandlung an der betroffenen Stelle oft schon aus. Sind die Beschwerden umfangreich und stärker, kann ein Östrogenmangel mit der klassischen Hormonersatztherapie gut ausgeglichen werden.
Aufgrund befürchteter Nebenwirkungen durch die künstlichen Hormone bevorzugen manche Frauen Phytohormone oder bioidentische Hormone. Ist eine Gelbkörperschwäche der Grund für den Östrogenmangel, wird der Arzt Progesteron verschreiben. Der Östrogenspiegel sollte sich dann dadurch auch wieder normalisieren.
Möglichkeiten und Nebenwirkungen der Hormonersatztherapie
Natürliches Östrogen wird bei der Einnahme in Tablettenform zu schnell zersetzt. Die Wirkung fällt dadurch gering aus. Daher werden hauptsächlich künstlich synthetisierte Östrogene für die Hormonersatztherapie verwendet.
Im Rahmen der Hormonersatztherapie kann Östrogen alleine oder zusammen mit Progesteron genommen werden. In jedem Fall sollte die Hormoneinnahme nicht länger als nötig erfolgen. Das Risiko Nebenwirkungen wie Brustkrebs, Krebs der Gebärmutterschleimhaut, Thrombose oder Herzerkrankungen zu entwickeln, lässt sich durch eine kurze Einnahmedauer und eine möglichst niedrige Dosierung verringern.
Die Hormone müssen jedoch nicht zwangsläufig als Tablette eingenommen werden. Sie können auch über die Haut in Form von Gel, Pflaster oder Nasenspray aufgenommen werden. So lassen sich die Nebenwirkungen ebenfalls reduzieren.
Hormonspritzen sind außerdem möglich, allerdings vergleichsweise aufwendig. Alle Formen der Hormonersatztherapie helfen in der Regel zuverlässig gegen die Beschwerden.
Phytohormone
Phytohormone werden aus Pflanzen gewonnen. In den Pflanzen erfüllen Phytohormone die Aufgaben von Botenstoffen. Auf diese Weise regulieren sie unter anderem Wachstum und Entwicklung der Pflanzen. Zur Behandlung eines Östrogenmangels werden Phytoöstrogene verwendet, die hauptsächlich aus Soja, Rotklee oder der Traubensilberkerze stammen. Sie sind als Nahrungsergänzungsmittel ohne Rezept erhältlich.
Phytoöstrogene haben eine ähnliche Struktur wie natürliches Östrogenund können daher gleichermaßen an die Bindungsstellen des Östrogens im Körper binden. So sollen die Phytoöstrogene die gleichen Effekte erzielen wie natürliches Östrogen.
Die tatsächliche Wirkung von Phytoöstrogenen ist jedoch umstritten. Sie ist weder bewiesen noch klar widerlegt. Nebenwirkungen können hingegen ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Schilddrüsenerkrankungen, Brustkrebs oder Leberschädigungen könnten die Folge einer Behandlung mit Phytohormonen sein. Allerdings könnten sowohl die Wirkung der Phytoöstrogene als auch deren Nebenwirkungen eine Frage der Dosierung sein.
Bioidentische Hormone
Bioidentische Hormone haben eine chemische Struktur, die mit der Struktur der natürlichen Hormone im menschlichen Körper identisch ist. Für die Herstellung bioidentischer Hormone wird beispielsweise ein Inhaltsstoff der Yamswurzel verwendet. Dieser muss jedoch erst noch im Labor bearbeitet werden, bis das gewünschte bioidentische Hormon entsteht.
Bioidentische Hormone werden also mindestens halbsynthetisch hergestellt. Durch ihre bioidentische Struktur können diese Hormone wirken wie natürliches Östrogen oder natürliches Progesteron. Da die synthetischen Hormone aus der klassischen Hormonersatztherapie keine vollkommen identische Struktur haben wie die natürlichen Hormone, sollen bioidentische Hormone diesen sogar noch überlegen sein.
Das liegt dann allerdings nicht daran, dass sie natürlichen Ursprungs sind. Denn auch bioidentische Hormone können vollsynthetisch hergestellt sein. Im Gegensatz zu Phytohormonen sind bioidentische Hormone verschreibungspflichtig.
Eingesetzt werden bioidentische Hormone wie die klassischen Hormone der Ersatztherapie. Die Nebenwirkungen sollen bei bioidentischen Hormonen geringer sein, da sie natürliches Östrogen und natürliches Progesteron bei einem Mangel eins zu eins ersetzten können. Damit dieses Versprechen eingehalten werden kann, muss aber die Dosis ganz genau stimmen.
Wie Paracelsus schon im 16. Jahrhundert wusste: "Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift - allein die Dosis macht, das ein Ding' kein Gift ist."